Isolierung und Charakterisierung von Phenylarsenoxid-bindenden Proteinen
Zusammenfassung der Dissertation von Dr. Tilman Schmachtel, gedruckte Komplettausgaben sind noch erhältlich !
Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, welche strukturellen Merkmale für ein Protein erforderlich sind, dessen Funktion durch Redox-Vorgänge reguliert werden kann.
Da für diese Redox-Regulation die Beteiligung benachbarter Thiolgruppen postuliert wird, wurde ein System zur Isolierung von Proteinen mit vicinalen Thiolgruppen aufgebaut. Proteine mit einer hohen Affinität gegenüber dem für Dithiole spezifischen Reagenz Phenylarsenoxid (PAO) wurden aus dem Zytosol neutrophiler Granulozyten isoliert. Die Proteine wurden zuerst mithilfe einer Affinitätschromatographie mit immobilisiertem 4-Aminophenylarsenoxid angereichert und anschließend über Anionenaustauscher-FPLC und Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) aufgereinigt. Insgesamt konnten sechs Proteine mit einer Affinität gegenüber PAO isoliert und identifiziert werden: Thioredoxin, L-Plastin, Glutathion S-Transferase Klasse p (GST P1-1), Calgranulin B, Cofilin und die Serin/Threonin-Phosphatase Calcineurin A.
Es konnte eine Hemmung der Aktivität der Glutathion S-Transferase durch PAO im unteren mikromolaren Bereich festgestellt werden. Diese Hemmung wird durch die Bindung von PAO an das Cys47 des Proteins und die Thiolgruppe des Kosubstrats Glutathion vermittelt. In Abwesenheit des Cys47 kann eine Hemmung durch PAO in höheren Konzentrationen gemessen werden. Dies wurde durch die Bildung eines PAO-Glutathion-Adduktes erklärt, das kompetitiv gegenüber Glutathion die Glutathionbindestelle blockiert. In der Arbeit konnte ferner gezeigt werden, daß sich in Abwesenheit von Glutathion die Struktur der GST P1-1 so ändert, daß sich die in Anwesenheit von Glutathion 18 Å entfernten Cysteine Cys47 und Cys101 bis auf 2-3 Å nähern. Dies ermöglicht die oxidative Ausbildung einer Disulfidbrücke und damit eine mögliche Redoxregulation der Aktivität der GST P1-1.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis dieser Arbeit ist die Erkenntnis, daß Phenylarsenoxid auch an die Serin/Threoninphosphatase bindet und deren Aktivität hemmt. Dies ist umso bemerkenswerter, als in der Literatur PAO als spezifischer Hemmstoff für Tyrosinphosphatasen angesehen wird. Für die aktinbindenden und damit das Zytoskelett modulierenden Proteine Cofilin und L-Plastin wurde ebenfalls eine hohe Affinität gegenüber Phenylarsenoxid gefunden. Diese Proteine könnten die Zielproteine für einige in der Literatur beschriebene Effekte von Phenylarsenoxid auf die Struktur und die Funktion des Zytoskeletts sein. Wegen der Komplexität der zum Beweis dieser Vermutung notwendigen Versuche wurde dies im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht weiter untersucht.
Es ist bekannt, daß benachbarte Cysteine nicht zwangsläufig aufgrund ihrer Position in der Sequenz der Aminosäuren benachbart sein müssen, wie dies z.B. beim Thioredoxin der Fall ist. Die Ergebnisse dieser Arbeit geben Hinweise darauf, daß sich auch zwei Cysteine, deren Nachbarschaft aus der Primärstruktur des Proteins nicht abgeleitet werden kann, soweit nähern können, daß eine Disulfidbindung ermöglicht wird. Diese Annäherung kann durch Proteinfaltung (z.B. L-Plastin oder Cofilin) ständig oder durch einen beweglichen Arm eines Proteins (z.B. Glutathion S-Transferase) zeitweise zustandekommen. Die Cysteine müssen nicht einmal derselben Proteinkette entstammen, auch eine nichtkovalente Bindung zweier Proteine (z.B. Calgranulin) oder gar die nichtkovalente Bindung eines Kosubstrats (z.B. Glutathion an der GST P1-1) kann zur Bindung von PAO oder zur Ausbildung einer Disulfidbrücke führen.
Eine Vergleich der Affinität der Proteine gegenüber Phenylarsenoxid mit der Oxidationsempfindlichkeit zeigt eine deutliche Korrelation. Die Proteine Thioredoxin, GST P1-1 und L-Plastin zeigen sowohl die höchste Affinität gegenüber PAO als auch die größte Empfindlichkeit gegenüber einer Oxidation mit GSSG. Calcineurin, Cofilin und Calgranulin haben eine leicht geringere Affinität gegenüber Phenylarsenoxid und zeigten sich weniger empfindlich gegenüber einer Oxidation. Dies läßt darauf schließen, daß die Proteine mit der höchsten Affinität gegenüber Phenylarsenoxid auch bevorzugt das Ziel einer Redox-Regulation sind.
(C) 1996 Dr. Tilman Schmachtel
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